Saturday, June 25, 2011

Ausschnitt aus “Gedanken eines Reisenden”

Die treibensde Kraft des Reisenden, macht wohl die Neugierde aus. Neugierig sein auf die Vielfalt der Lebensstile und -philosophien der Menschen in dieser Welt.

Neugierde: Neu aber bitte nicht unbedingt verstehen, als etwas Besserem sondern Anderem. (Fuer einen Westener ist etwas Neues gleich etwas Besseres, nicht so fuer Afrikaner, hier ist es eher umgekehrt. Mehr dazu ein anderes Mal).

Teil haben an den “Evolutionen” der verschiedenen Lebensweisen und Praktiken der Menschen auf diesem Planeten, sich daran erfreuen aber auch aergern oder auch nur wundern. Warum auch nicht das unter die Evolutionstheorie stellen?

Die Sinne werden rekalibriert was unweigerlich zu neuer Denkweisen, Perspektiven und Weisheiten fuehrt. (Und ich freue mich unter anderem schon, wenn mein Geschmacksinn wieder all die neuen Leckereien entdecken darf).

Zum Glueck leben wir auf einem diversen Planeten und man braucht nicht weit zu reisen um andere Lebensstile zu sehen. Zwar ist es ein Privilegium das nur wenigen ermoeglicht wird, aber ich, der sich Oesterreicher schimpfen darf, habe das Glueck einer davon zu sein.

Doch leider gibt es viele, die diese Evolutionstheorie voellig falsch verstehen. Den Prozess der Evolution gesehen als das Streben nach der Absolut Perfekten Evolution, wie Rasse, Religion, Idee, etc.

Diese Interpretation entpuppt sich als ausserordentlich gefaehrlich, was uns bereits die Geschichte gezeigt hat.

Ich habe es schon oefters erlebt, wie manche meinten, dass vor allem dunkelfarbige Menschen “weniger weit entwickelt” seien, als wir Europaer.

Solche Argumente sind a) nicht nur falsch sondern b) eben auch vollkommen rassistisch.

Die Nazis haben mit dem Holokaust solch eine rassistische Ansichtsweise vorgelebt und sie fand erschreckend viele Anhaenger. Und dabei erstaunt es hoffentlich nicht nur mich, dass sich anscheind vermehrt Oesterreicher finden, die ihre Stimme rechtsextremen Parteien geben. Mal davon abgesehen, dass diese Menschen zusaetzlich all ihre Freiheiten und Ansichten aufgeben wuerden, um von einem Fuehrer kontrolliert zu werden, der die Welt zu einem sterilen Ort machen moechte…

Abschliessend noch ein weiterer Gedanke zu dem „Fortschritt“ den wir in der westlichen Welt „geniessen“, was uns zu "weiter entwickelten" Menschen macht.

Verglichen zu Afrika ist unser Leben in Europa so erschreckend komplex (geworden), dass es zumindest fuer mich beunruhigend wirkt. Durschaut hier noch jemand die komplexen Konstrukte die durch die Globalisierung und dem Kapitalismus entstanden sind? Und je komplexer die Muster, desto anfaelliger auf deren Kollaps.

Spaestens dann wird sich genau diese Personen nach dem simplen Leben, nach Afrika, sehnen.

Togotubbie on Tour

Kurz gefragt, wem ist Togo schon ein Begriff?
Hoechstens fuer Sportfreunde Stiller Fans gibt’s einen driftigen Grund das Land in den Ohren zu haben…
Dabei hat Togo einiges zu bitten, wenn man die Motivitation aufbringt und genau schaut.

Von Burkina Faso kommend fallen einem gleich mal folgende Dinge auf:
Die Frauen tragen keine Peruecken mehr. Das ist in Burkina wahrlich der Renner. Jede oder (wannabe) Frau traegt ein Peruecke, wie man sie nur von schlechten Seifenopern kennt. Kombiniert mit unzaehlbar vielen guenstigen Friseursaloons macht Burkina wohl die erste Destination fuer mutige Frisurtouristen der speziellen Art.

Das Essen war definitiv besser . Das Fleisch kannst/sollst du besser nicht mehr essen und jede Speisse hat eine so markante Schaerfe dass es jenseits von Gut und Boese ist. Und die „Nationalspeise“, die fuer ein paar rostige Cents zu haben ist, war fuer mich ein Einmalerlebnis der besonderen Art. Schleimige Ingwerbruehe dazu herausgebackene Erdpatzen (kam dem zumindest sehr nahe).

Es gibt Hinweistafeln gegen Aids und es wird Werbung fuer Kondome gemacht! Juhu! Eine wirklich positive Ueberraschung. Warum gerade in Togo so auffallend oft und vor allem nicht tabu, waer dabei echt interessant. Hats wohl mit dem Glauben zu tun…

Obwohl ich fast ein ganzes Monat in Mali war, haette ich nur ein einziges Mal eine Moeglichkeit gehabt, Kondome zu kaufen. Dabei ist auch erwaehnenswert, dass die Packungen alles anderes als neutral waren, sondern bedruckt mit westlichen oben-ohne Pinup Girls. Es ist wahrlich nicht bloss boeser Zufall, dass gerade diese Laender die groessten Aidsraten aufweissen…

So wie die Mango in Mali und Burkina nicht wegzudenken ist, ists hier in Togo die Avokado. Auch finden sich frische Ananas und Papayas und endlich Zitronen auf den Maerkten. C`est tres bon!


Die „Maerkierungen“ hoeren in Togo auch leider nicht auf, sondern sie scheinen zum Teil markanter zu werden. Sie werden mit Rasierklingen den Kinder mit 2, 3 Jahren zugefuegt. War gerade heute in einem abgelegenen Dorf, wo es Familien gab die ueber das ganze Gesicht Muster hatten.

Togo war zumindest fuer mich ein positive Ueberraschung weils hier verdammt nochmal endlich gruen ist + ein paar Huegel zum Trekken gibt. Juhu :)!

Die Leute hier sind megamaessig freundich und hilfsbereit. Vor allem die Kids sind ein Phaenonom das garantiert hier extra erwaehnt gehoert. In Afrika geniesst man generell als Weisser einen besonderen Status unter den Kids. In Touristenzonen wirst du zwar als Weihnachtsmann mit einem Sack voller Geschenke angesehen, aber ueberall anders haben sie grossen Respekt vor dir und freuen sich volle. Auch wenn du schnell mal mit dem Bus wobei vorbeifaehrst. Aber in Togo singen sie sogar nach dir. So alleine deswegen ists eine Reise hier her wert.

In Togo gibt’s zig Religionen die unter dem Dach der Kirche laufen. Sie haben zwar alle die Bibel als zentrale Lehre, aber leben unterschiedliche Auffassungen davon.

Eines sonntags fand ich mich in einer. In Afrika gehst du nicht in die Kirche, sondern sie kommt zu dir. Es war eine Messfeier, die sektenhaften Zuege aufwiess. Es gab den Vortragenden der schreiend von der Bibel gelesen hat, als haette er die Gabe Orgasmen herbeizufuehren. Es wurden Fragen gestellt und Leute vielen waehrend seiner Predigten in Trancezustaende, weil sie angeblich Lord Jesus hoechstpersoenlich „erfahren“ haben. Das Beste dabei, alles auf Video… :)

Generell darf man sagen, dass es hier definitv einfacher ist, zu reisen als in den bisherigen Laendern. Du triffst andauerend auf junge Leute, die kurz mit dir plauschen moechten, schnell Email Kontakt austauschen und eine super Informationsquelle fuer alles denkbare sind. Das war bei weitem nicht so selbstverstaendlich (meine Erfahrungen) in Senegal oder Mali.

Und als selbsternannter Informationstechniker muss ich auch das noch erwaehnen: Die Jugend kennt sich hier aus mit Computer und Internet. Facebook und Email sind kein Fremdwort mehr. Aber leider spielt da Togo die Ausnahme: In dem Teil wo ich war in Senegal, vor allem in Mali und (zum Teil) Burkina schaut es erschreckend schlecht aus, mit Internet & Co. Voellig ueberteuert und Schulen haben keinen Zugang zu Computern. Aber vielleicht liegt es ja in deren Plan, aktiv die junge Bevoelkerung von Informationen und Austausch fern zu halten. Wenigstens ist so weit ich das erblicke das Internet nicht zensiert, so wie wir es in Burma oder China hatten.

Barack Obama. Man liest es ueberall in Westafrika. Es gibt nichts wass nicht nach ihm benannt ist. Leiberl, Unterhosen aber auch Hotels und Restaurants tragen den Namen Obama. Und in Togo gibt’s sogar Obama Wasser zu kaufen. Aber es ist leider genauso farb- und geschmacklos wie all die anderen…

Wednesday, June 22, 2011

Eine Droge namens Marmelade


Am Tag der Abreise von Djenne, hat mir Boubou seine Adresse gegeben. Die ist einfach so originell ist, dass ich sie euch keinesfalls vorenthalten moechte:
Boubou Sangho
Petit fils de grand griot
Senossa-Djenne
Interresant ist die mittlere Adresszeile, was uebersetzt heisst : Enkelsohn des grossen Dichters. Ich moecht auch so ne Adresse... :)

Ich hatte einen guten Start in Burkina Faso. Nach einer muehsamen Fahrt von Djenne nach Burkina Faso, durfte ich gleich mal fuer ne Woche bei einer Familie leben. In einer staubigen Stadt, wo man normalerweiser so schnell wie nur moeglich weiterziehen wuerde, wenn man eben nicht zu solch einer Chance kommt.
Diese Familie hatte es wahrlich in sich. Im Grossen und Ganzen bestand sie aus Ehemann + 2 Frauen von denen jede um die 10 Kinder hatte. Und im Gegensatz zu Boubous Grossvater, wohnten diesmal beiden Frauen in ein und demselben Haus. Aber natuerlich hatte jeder sein eigenes Zimmer. Fuer mich hatte es auch nicht den Anschein, dass sie die besten Freundinnen waeren, aber das kann auch taeuschen. Eine so grosse Familie ist aber auch in Westafrika eher die Ausnahme. Bigamie auch in Burkina kein Problem, vorrausgesetzt man(n) ist Muslim. 

In Burkina gibts aber auch vermehrt Christen! Wie merkt man dass? Erstens laufen jetzt wieder Schweine auf den Strassen herum und zweitens haben vermehrt Leute eine Alkfahne wenn du mit ihnen sprichst.

Moussa, ein Familienmitglied, arbeitet beim Radio und er nahm mich am ersten Tag natuerlich gleich mit. Er fuehrte bei seiner Moderation ein kleines Interview mit mir, und ja ich durfte ueber meine bisherige Reise erzaehlen und war in Radio Oxygen zu hoeren. In Burkina od generell in Afrika gibt es mehr Radiosender, was man vielleicht vermuten wuerde. Afrika ist Musik, und Radio ist dabei das gaengiste Medium.
Und ich besuchte auch meine erste afrikanische Disko. Prinzipiell unterscheidet sich nicht viel zu unseren. Die Besucher sind zum Grossteil maennlichen Geschlechts, die sich ein Tanzduell nach dem anderen liefern. Jeder einzelne ein potentieller Michael Jackson Nachfolger. Um einiges unterhaltsamer als Dirty Dancing :).
In der Hauptstadt Burkinas, kurz Ouga genannt, half mir gleich mal ein Student bei der Orientierung und bracht mich bei einem Kuenstler unter, der Appartments vermietet. Ouga ist definitiv ein Zentrum fuer Kunst und Film in Westafrika. Jedes Jahr gibt es das groesste Filmfestival in Afrika, leider im Januar. Es gibt eine grosse Auswahl an Studien und viele verdienen ihr gutes Geld damit, indem sie ihre Werke vor allem nach Europa bringen.

In Burkina fand ich mich auch zum ersten Mal (ausgenommen natuerlich in Marokko) in einem Supermarkt was mich sofort an zu Hause erinnert hat. Es gab nicht viel, aber es fand sich darunter Dinge wie Marmelade, Schokolade, Kaese oder auch Happy Day Saft.
Jaja das hatten wir schon mal in Laos, alles aus Frankreich, Holland und Deutschland importiert um den doppelten Preis als bei uns zu haben. Mhmm die Leckerein die wir zu Hause geniessen duerfen nun auch in Afrika, fuer eine kleine Schicht zumindest.

Was ist schon Marmelade, oder Kaese, aber wenn du das schon seit 2 Monaten nicht geschmeckt hast, ists wie Weihnachten. Es ist interresant wie diese Vielfalt an Nahrung wie eine Droge auf deinen Koerprer wirkt. Es ist unheimlich schwer dem zu wiederstehen und den Koerper macht dir sofort klar, dass man sich um einiges besser fuehlen wuerde, wenn du zB jetzt sofort eine Schokolade essen wuerdest.

Die Ernaehrung ist so wie der Alltag von einer gewissen Monotonie gepraegt. Es gibt nicht viel Auswahl, und von dem kannst du mit einem westlichen Magen 50 Prozent nochmals abziehen. Die Diaet unterscheidet auch nicht zwischen Fruehstueck oder Mahlzeiten. Es wiederholt sich staendig. Meine Diaet beschraenkt sich auf Eier, Reis, Nudeln, dann Teig mit Sosse, ein wenig Fisch oder Fleisch. Wenns gut geht dann auch Kouskous. Gemuese und Fruechte sind gefaehrlich, wegen Typhus etc. 
Und ds Schlimmste, keine Suessigkeiten!!!! Argh!!!

Aber genau das macht wiederum das Reisen aus. Seine Grenzen zu testen und sich selbst zu reduzieren. Deshalb war ich dann noch gluecklicher, dass ich all den Leckerein wiederstehen konnte, bis auf…
Mit Abstand am gluecklichsten war ich, wie sich unter den Marmaladen eine Papaya Marmelade fand, die Burkina hergestellt wurde. Oh sooo lecker… Leider ein einmaliges Erlebniss. Fand sie nie wieder… habe gesucht und gesucht… wie ein Suechtiger nach Drogen.

Nach 2 Wochen Burkina hab ich mich fuer Togo entschieden.

Togo ist eine tolle Uberraschung. Es ist hier endlich mal gscheit gruen und nur so uebersaeht von exotischen Graessern und Baumen. Und das beste, es gibt Berge… naja eher Huegel. 
Es ist definitv nicht der Himalaya aber es laedt super zum Trekken ein. Und wie es der Zufall so wollte, habe ich auch meine erste Sonntagsmesse besucht, die so ablaeuft wie man sichs in Afrika vorstellen wuerde. Nur bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich mich an dem Erlebniss im Nachhinein erfreuen oder eher davor fuerchten soll… Mehr dann beim naechsten Mal.

Sunday, June 12, 2011

Wo kauft ihr eure Mangos?


Ich bin nun seit zirka einer Woche in Burkina Faso, und nicht mal 12 Stunden waren vergangen und schon war meine Stimme im landesweiten Radio zu hoeren. 

So schon genug verraten, mehr dazu aber beim naechsten Mal.

Nach fast vier unvergesslichen Wochen in Djenne schulde ich diesem Ort wahrlich mehr als nur ein Kapitel. Diesmal gibt es zum Vatertag gleich zwei Eintraege. (Ihr braucht nicht extra runterscrollen sondern koennt gleich von hier loslesen).

Generell gesagt war Mali schon eine Erfahrung. Das Land ist leider sehr arm und die Infrastruktur ist Besorgnis erregend. Da war wahrlich Senegal in einem besseren Zustand.

In Djenne im Besonderen fuehlt man sich um einige Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt. Spaetestens wenn man sich dann in den unzaehlbar vielen Doerfer herum bewegt, ist man versichert, dass man sich auf einem ganz anderen Planeten befindet und eine wahrlich andere Zeitgravitation auf einen wirkt.

Jedoch kombiniert mit einer originellen Kultur und einer streng gelebten Religion im Alltag macht es zumindest fuer Reisende, ein Land der Superlative. Nicht nur fuer den Koerper gibt es einiges zu ertragen (siehe vorigen Post) sondern auch der Geist hat ihr einiges zu erfahren.
Allons-y!
Die vielen Minderheiten in Mali kennzeichnen sich unterschiedlich am Koerper, meistens vor allem am Gesicht. Das kann von zwei Narben an den Schlaefen oder Narben an den Wangen, bis zu bestimmten Taettowierungen zB an den Fuessen reichen. Diese „Verletzungen“ werden mit sehr sehr jungen Alter den Kinder zugefuegt.

Es gibt Minderheiten, der zB mein Freund Boubou angehoert, bei denen die Frauen ihren Mund taettowieren lassen. Wird die untere Mundhaelfte schwarz tatoowiert heisst es, dass man verlobt ist und bei beiden, richtig geraten, ist man dann verheiratet. Mit dem Wissen, ist man dann schon oft ueberrascht wie jung die Maedchen eigentlich schon verlobt werden. 
Aber keine Frau laeuft hier verschleiert herum etc. wie man es zB in Marokko sieht.

Generell darf ein Mann, sofern er Muslime ist, in Mali offiziel bis zu vier Fraun heiraten. Und dass kommt auch in der Praxis vor. Zb Boubous Grossvater hat zwei Fraun. Jede Nacht schlaeft er abwechselnd bei seinen zwei Frauen. Aber es muss nicht so sein, es kommt auch vor dass alle in einem Haus gemeinsam leben. Wie dann genau die Schlafzimmeraufteilung geregelt ist, weiss ich aber nun wirklich nicht.

Kinder, Kinder und nochmals Kinder. Es gibt hier soviele davon, dass man seine Babyplanung wahrscheinlich nochmals um ein paar Jahre nach hinten verschiebt.
In Djenne wars nach der Zeit auch nicht mehr ueberschaubar. Und ich glaube es sofort wenn mein Guidebuch schreibt, dass es Orte bzw. Laender gibt wo diese Herrschaften von Kinder dich ausrauben, niedertrampeln, bzw. Zu gefaherlichen Banden werde koennen. Zwar nicht in Mali aber man ist immer wieder froh wenn du ihnen entwischt bist.

Deswegen traegt auch jede zweite Frau einen kleinen Rucksack. Babys werden naemlich mit nem Tuch um den Ruecken gebunden.

Man weiss auch nicht so genau wem das Kind dann auch zuzuordnen ist. Eben durch die Polygamie wird die Sache noch undurchschaubarer. Und die Kids hier haben auch nicht so eine starke Bindung zu den Eltern. Es kann auch sehr vorkommen, dass sie einen grossen Teil einfach bei den Verwandten verbringen.

Anfangs war ich sehr schockiert, was in Djenne ablauft. Es gibt hier eine Menge Kids die mit kleinen Kuebeln herumlaufen und alles (auch Abfall) essbare einfassen. Ich habe zuerst gedacht, dass es hier wirklich Menschen gibt, die verhungern muessen. Ich hab strikte FDH Diaet gemacht. Bis mich dann Boubou aufmerksam gemacht hat dass sie es zu einem religioesen Zweck machen:

In ganz Mali gibt es Religionslehrer die Schueler ausbilden duerfen, welche anschliessend das Amt eines Marabous einnehmen duerfen. Ein Marabou ist wie ein Priester hier bei uns. Er betet fuer die Leute, hilft ihnen bei gesundheitlichen Problemen und lebt mehr oder weniger in der Moschee. (Das sind dann aber auch diese Leute die als einzige das Geld haben um Autos zu besitzen...)

Ok diese Kids haben einen besonderen Status nicht nur in der Gesellschaft. Sie gehen nicht in eine normale Schule sondern verbringen ausschliesslich ihre Zeit mit dem Lernen des Korans und seiner Philosophie.
Die Ausbildung beginnt dabei mit 5 od 6 Jahren und dauert mitunter bis zu 10 oder auch mehr Jahren. Nach diesen Jahren kann er den Koran komplett auswendig herunterratschen (ich entschuldige mich fuer den Ausdruck ratschen, weil die arabischhe Sprache ist eigentlich so schoen, dass man eher singen meinen sollte). Er muss ihn aber auch verstehen, und die Aufgabe ist es ihn in seine jeweilige Sprache zu uebersetzen. Denn in Mali hat jedes noch so kleine Dorf seine eigene Sprache bzw. Dialekt.

Die Methode der Ausbildung sind aber mehr als bedenklich. Das Kind ist im Prinzip die ganze Jugend lan ein Bettler. Jeder essbare Abfall wird jeden Abend eben in den Kuebeln gesammelt und anschliessend zusammengeworfen und davon gegessen. Kein Essen darf gekauft werden, alles muss anhand von Spenden oder Gaben kommen. In Djenne wo sich hier und da mal Touris herumtreiben bzw. generell viele Leute sind, nicht so das Problem. Aber die Schueler werden auch fuer gewisse Zeiten an entlegene Doerfer geschickt und da liegt das Schicksal der Kinder dann in den Haenden weniger Bauern.

Jeder „Schueler“ darf, wenn ueberhaupt seine Eltern max 1 bis 2 mal im Jahr sehen.

Ich wohnte fuer ueber eine Woche mit so einem 16 jaehrigen Schueler zusammen. Dabei musste ich feststellen dass er die gute Haelfte des Tages auf seinem Teppich verpennt hat (boese Zungen wuerden behaupten, darum wird er ja verwendet). Klar wenn du tag ein tag aus nur den Koran, oder was auch immer, auswenig zitierst, ist eine Tendenz zur Schlaefrigkeit eben gegeben.

Aber man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Die muessen nicht in eine normale Schule gehen sondern lernen nur den Koran. Kein Mathematik, kein Ethik, etc. Das ganze verdammte Leben nur dieser einen verdammten Sache gewidmet.

Deswegen sollte jeder die Praxen der Religion, nicht nur in Afrika, sondern ueberall auch bei uns zu Hause, nicht einfach als gegeben annehmen sondern kritisch gegenueberstehen. Nicht nur weil es so ist, heisst es auch dass es so gut ist.

Ueberall in Mali wird frisch gepresster Ingwersaft verkauft, vor allem rund um Bamako. Je nach Verkaeufer ist er unterschiedlich scharf und kann einem schon mal fast umbringen vor lauter Schmerzen. Aber je staerker desto besser fuer den Magen und auch Geschlechtsverkehr hat mir ein Malianer mal erzaehlt.

Der Tee in einer gemuetlichen Runde ist so Pflicht wie das Gebet fuenf mal am Tag. Die Kunst dabei ist ihn so bitter wie nur moeglich machen. Damit man ihn dann auch trinken kann, darf  muss die Zuckermenge der Wassermenge entsprechen. Der Tee wird in Minikannen gekocht und es werden immer drei Runden serviert. Der Tee selbst kommt ausschliesslich aus China. Das hatten wir doch schon mal wo, oder? Ja genau Indien.

Gebettet wird zum Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, 2 Uhr, 4 Uhr und 8 Uhr. Jeder hat dabei seinen kleinen Teppich und davor werden Fuesse Gesicht und Haende gewaschen.

Jetzt bin ich schon so lange in Afrika und noch immer muss ich schmunzeln, wenn mir eine Frau entgegenkommt, die ihre "Hand"tasche am Kopf traegt. :)

Mangos mhmm so lecker hier. Ueberall gibt es sie und machen den perfekten Mittagssnack. Man kann sie auch leicht selber pfluecken, aber das macht man ja nicht, es gibt hier eine Menge Leute die vom Mangoverkauf leben. Aber leider musste ich auch feststellen, dass ich keine Mango mehr sehen kann, hab davon wohl zuviel verdrueckt...

Zu guter letzt auch ein negatives Erlebnis. Es wurde mir Geld eines Nachts in der Herberge in Djenne gestohlen, zwar nicht viel, aber dennoch.
So komisch es auch klingen mag, ehrlich gesagt bin ich jedoch froh, dass das passiert ist, weil es mich in einer Sache bestaetigt hat, die ich euch im folgenden Eintrag anhand einer Metapher vorstellen moechte...

Chaos Theorie made flesh

Um die Chaos Theorie zu studieren braucht man nicht unbedingt ein Mathematiker oder Physiker sein, sondern ein stinknormaler Reisender in den Laendern (West)Afrikas.

Afrika ist Chaos. Das Chaos das den Alltag jedes einzelnen, auch Reisenden, in seinen unausweichlichen Bann zieht, und dem man nicht entkommen kann.
Das Chaos auf Basis des Alltags ist vor allem wegen der immense Ueberbevoelkerung bestimmt kombiniert mit der miesen Infrastruktur und der schlechten Oekonomie im Gesamten.
Doch damit das Chaos nicht zum Supergau wird, benoetigt es Regeln. Zum Glueck einfachsten und natuerlichsten Regeln ueberhaupt, die wir jedoch in unserer westlichen Welt leider schon verlernt haben.

Regeln wie Vertrauen und Respekt dem Naechsten gegenueber.

Es existiert hier ein Alltag der keine Vertraege oder jegliche Anwaelte benoetigt. Jeder ist auf jeden anderen angewiesen und es gibt keine Extraspompanaln. Es existiert keine Hierarchie untereinander sondern jeder ist gleich.

Behandle jeden so, wie du behandelt werden moechtest.

Die grundsaetzlichste Lehre jeder Weltreligion. Gelebte Realitaet hier in Afrika.
Das ist das wahre Afrika auf Basis des alltaeglichen Lebens. Zig Erfahrungen hier mit den Einheimischen haben mich darin bestaetigt und bekraeftigt diesen Saetze zu verfassen.

Ueberrasche ich euch damit etwa? Habt ihr euch Afrika wohl anders vorgestellt... Klar auch, aber bitte lasst euch nicht irritieren von der westlichen Berichterstattung.


Aber das Chaos ist nicht nur in Afrika zu Hause sondern ja auch bei uns in Europa bzw. der westlichen Welt.
Was unmoeglich? 
Wenn ich vom Fenster blicke, kann ich beim besten Willen kein Chaos erkennen. Und Afrika hat wohl mehr Probleme als wir sie ertragen muessen.

Schaut jedoch genau...

Das resultierende Chaos, dass man einander nicht mehr vertraut, ein Leben ohne Vertraege nicht bestehen kann, dass sich keiner mehr einen Alltag ohne Gerichte und Polizei vorstellen kann, und dass damit unweigerlich dem Uberwachungsstaat zusteuern. Ich meine damit, das Chaos der Ueberwachung, dass unseren Alltag laengst eingenommen hat.

Ueberrasche ich euch wohl etwa damit, oder haben unsere Regierungen und Politiker aber auch Medien diesen Uebergang zur totalen Ueberwachung so transparent wie nur moeglich gemacht? 
Das Chaos der Ueberwachung und Kontrollen. Gelebte Realitaet in Europa.

Frage ich mich nur, welches Chaos ist wohl eher zum Verdammniss bestimmt ist... 


PS: Und was hat das ganze mit dem gestohlenen Geld zu tun, auf das ich im Vorhinein referenziert habe? Es bestaetigt meine Worte immens. Es gibt hier keinen der einem wirklichen Schaden zufuegen moechte. 
Es wurde mir zwar Geld gestohlen, aber er haette um einiges mehr nehmen koennen. Von den anderen zig Sachen wie Kamera, etc. im Rucksack gar nicht zu sprechen. 
Wie haette wohl ein Dieb unserer Vorstellung nach reagiert? Ja genau, er haette alles genommen um die Aktion so profitabel wie moeglich zu machen. Weil wir eben die (kapitalistische) westliche Welt nicht anders kennen...

Wednesday, June 1, 2011

A Germs Paradise

Die Tage hier in Djenne neigen sich langsam aber sicher dem Ende zu. Schweren Herzens muss ich mich leider von hier verabschieden.

Bin leider von Samstag auf Sonntag mit so allen Wehwehchen, die man so haben kann, aufgewacht. Perfekte Anzeichen fuer so alles moeglich, angefangen von Malaria, bis Darmprobleme oder einfach nur eine normale Grippe.

Da ich aber keine Malariaprohpylaxe nehme, schreibt mein Lonely Planet, dass man bei diese Anzeichen eine Malaria annehmen muss, so lange ein Bluttest nichts gegenteiliges beweist. Ok Ruhe bewahren, alles wird gut...

Prinzipiell kein Problem in einem Malariagebiet solch einen Test zu machen, aber bitte nicht samstags oder sonntags denn da hat das Krankenhaus geschlossen.

Ich habe zwar Standby Malariamediakemente bei mir, doch diese so einfach zu nehmen, wenn ich mir nicht mal sicher bin?

Ich habe meine Freunde hier um Rat gefragt und muss feststellen, dass hier etwas grundsaetzlich versagt, wenn mein 16 jaehriger Freund Boubou oder auch Siaka nicht wissen, dass Malaria innerhalb der ersten 24 Stunden behandelt werden muss, da es sonst zu Schaedigungen am Nervensystem fuehren kann. Und das sind zwei Einheimische die permanent mit Malaria konfrontiert sind.

Aber wem schenkst du mehr glauben, einem Reisebuch oder Menschen die mit dieser Gefahr leben gelernt zu haben?

Anyway ich muss auf jeden Fall diese Untersuchung machen.

Naja es hat zwar einiges an koerperlicher Ueberwindung (bei 38 Grad hat man ja schon fast Umgebungstemperatur) und einem guten Freund namens Siaka benoetigt, dass wir bei nie enden wollenden Stunden, zwei Doktoren finden konnte und sie von ihrem wohlverdienten Erholungswochenende kurz in die Realitaet zurueckzuholen, und dann den Bluttest zu machen.

Das Krankenhaus selbst ist in einem desolaten Zustand aber zum Glueck fehlt es nicht an Geraeten und den Mitteln. Es wurde zwar keine Malaria festgestellt jedoch ein Art Typhoid denn ich mir wohl mit Salat oder ungeschaellte Tomaten geholt habe.

Schade meine Vitaminzufuhr muss sich wohl auf Gurken beschraenken.
Genauers weiss ich jedoch auch nicht. Siakas Deutschkentnisse enden beim einfachsten Medizinjargon.

Jedenfalls musste ich mir ganze 4 Spritzen geben lassen, von Medikamenten die ich nicht lesen kann weil sie auf chinesisch sind. Ok, wenigstens der Beipackzettel ist auf Franzoesisch aber das hilft mir auch net viel... es war jedenfalls ein Antibiotikum das ist sicher.

Mit gutem Gefuehl kann ich sagen, dass es mir wieder sehr gut geht und bin ueberrascht mich so schnell erholt zu haben. Obwohl es womoeglich ein Ding der Unmoeglichkeit gewesen waere, wenn ich nicht Siaka gehabt haette, der mit mir das ganze Dorf auf der Suche nach Aerzten abgefahren ist.

Hygiene ist ein untergeordnets Thema hier in Mali. Werden die Haende mit ein wenig Wasser befeuchtet, versteht man darunter Haende waschen.
Gegessen wird auschliesslich mit den Haenden, diesmal mit beiden. Da es Wasserknappheit gibt bzw. Wasser vom Brunnen geholt werden muss ist auch klar dass es hier ein Paradies fuer Bakterien ist.

Und irgendwie werde ich auch das Gefuehl nicht los, dass sich diesbezueglich auch nicht viel aendern wird, weil man ja eh weiss, wenn man krank wird gibts ja um die Ecke gleich die naechsten Apotheke die einem hilft. Auch Afrikaner sind nicht vor solchen Sachen nicht geschuetzt und Apotheken werden nicht ausschliesslich fuer Reisende gebaut.

Lass es somit der erste und letzte Vorfall sein. Darauf trink ich einen Schnapps :)